Sexuelle Funktionsstörung der Frau können sich in reduzierten oder gesteigerten sexuellen Reaktionen zeigen. Die Aufteilung erfolgt anhand der Symptome. Es werden fünft Hauptgruppen verminderter Reaktionen unterschieden:

  1. Störungen des sexuellen Verlangens bzw. Interesses sind der Mangel an oder die Abnahme von sexuellen Interessen, Verlangen, Gedanken und Fantasien sowie das Fehlen eines reaktiven Verlangens.
  2. Bei Störung der sexuellen Erregung zeigt sich ein Mangel an subjektiver und/oder genitaler Erregung
  3. Bei einer Orgasmusstörung tritt ein Orgasmus trotz eines aus noch empfundene sexuellen Erregungszustands entweder nicht auf, ist von stark herabgesetzt der Intensität oder tritt als Reaktion auf Stimulation verzögert auf.
  4. Unter Vaginismus versteht man die reflektorische Verengung des vaginalen Eingangs beim Versuch ganz oder teilweise in die Vagina einzudringen, trotz eines von der Frau ausdrücklich bestätigten Wunsches nach Penetration, ohne dass strukturelle oder andere körperliche Anomalien vorliegen würden.
  5. Als Dyspareunie Werden Schmerzen während der versuchten oder vorgezogenen vaginalen Penetration bezeichnet. Provozierte Vestibulodynie (vulvare Vestibulitis)ist die häufigste Form einer oberflächlichen Dyspareunie und  bezeichnet eine erhöhte Schmerzempfindlichkeit an der Scheidenöffnung (Vestibulitis), was sogar bei einer zärtlichen Berührung oder Stimulation Schmerzen bereitet und korreliert mit veränderter Immunabwehr.

Bei einem geringen sexuellen Verlangen fehlt das Interesse an sexuelle Aktivität und sexuelle Gedanken. So wie alle sexuellen Störungen ist die Störung der Appetenz stets im biopsychosozialen Kontext zu sehen. Diese drei Bereiche sind untrennbar, nicht streng abgrenzbar und beeinflussen sich gegenseitig. Die übliche Trennung von psychischen und somatischen Ätiologien ist künstlich. Psychische Belastung verursacht Veränderungen in der hormonellen und neurologischen Physiologie , und körperliche Veränderungen können zu psychischen Reaktionen führen. hOft sind die Symptome auf mehreren Ursachen innerhalb und  zw. Den verschiedenen Kategorien der sexuellen Funktionsstörung zurückzuführen.

Biologische Ursachen:

  • Depression, Angst Zustände, Stress oder Probleme in der Beziehung verringern gewöhnlich das sexuelle Verlangen und die Motivation. Außerdem tragen ein schlechtes sexuelles Selbstbild und unerfüllte sexuelle Erfahrungen, die entstehen weil die Frau ihre sexuellen Bedürfnisse nicht mitteilt, ebenfalls dazu bei. Frauen mit dieser Störung sind ängstlich und leiden oft an Stimmungsschwankungen. Die Verwendung bestimmter Arzneimittel, einschließlich Antidepressiva (insbesondere Selective Serotonin Wiederaufnahmehemmer)
  • Erschöpfung, Burnout
  • Alkoholismus
  • Postpartal
  • Der Rückgang an Östrogene kann dazu führen, dass das Scheidengewebe dünner, trockener und ohne elastischer wird. Infolgedessen kann der Geschlechtsverkehr unangenehm und schmerzhaft sein und Frauen verlieren das Interesse daran.

Psychische Ursachen:

  • Sexualpräferenz
  • Sexualerziehung

Soziokulturelle Ursachen:

  • Langzeitbeziehung
  • Doppelbelastung durch Kinder, Haushalt, Arbeit
  • Arbeitslosigkeit
  • Paarkolusion

Dass eine nachlassende sexuelle Appetenz von der Dauer der Beziehung/Ehe abhängen kann haben schon Wiss.Studien  gezeigt. Behandlungsbedürftig ist eine Störung der Appetenz nur dann, wenn ein Leidensdruck besteht. Diese Störung wird im englischen Sprachgebrauch als HSDD- Hypoactive Sexual Desire Disorder bezeichnet (Störung mit vermindertem sexuellen Verlangen), anhaltendem Mangel von sexuellen Gedanken und Fantasien und dem Fehlen einer Empfänglichkeit für sexuelle Reize und dem fehlen der Lust auf sexuellen Aktivitäten. Die Häufigkeit der Störung der sexuellen Appetenz bei Frauen wird bis zu 48% angegeben.

Die Inhomogenität der einzelnen Werte ist wahrscheinlich auf die Altersstrukturen  und Sozialisation zurückzuführen. Trotz alledem gehören Störungen der sexuellen Appetenz zu den am häufigsten Störungen bei der Frauen . Die Ursachen dafür sind vielfältig und stets im biopsychosozialen Kontext zu sehen.

Auf diese Stelle wurde ich gerne noch die Partnerbezogene Faktoren erwähnen:

Die weibliche Sexualität ist in höheren Masse als die männliche Sexualität auf die Gesamtheit des Alltagslebens und die Beziehungsqualität ausgerichtet. Nicht wahrgenommen werden , unerfüllte Grundbedürfnisse  führen bei Frauen schnell zu Lustlosigkeit. Fehlende emotionale Intimität mit dem Partner endet in einen Zustand der sexuellen Neutralität, insbesondere in Langzeitbeziehungen. Nach dem Modell von Basson, 2003, werden Frauen erst durch emotionale Nähe empfänglich für  sexuelle Stimuli und der erotische Reiz ist von passenden Kontext abhängig.

Vor allen nicht ausgesprochene Frustrationen, nicht geäußerte Erwartungen und unterdrückte Aggressionen kränken die Beziehung und damit die Lust. Oft geschieht dies unbewusst. Das einlassen auf Sex unter Vernachlässigung der eigenen Bedürfnisse kann langfristig in eine Ablehnung jegliche körperliche Nähe münden. Aus Angst von Untreue oder Unzufriedenheit des Partners lassen sich Frauen oft auf Sex ein- Sex damit er wieder Ruhe gibt.

Einen großen Einfluss auf die Appetenz der Frau haben Sexualstörungen des Partners , besonders die Ejakulatio praecox und erectile Dysfunktion. Mangelnde sexuelle Befriedigung durch den Partner, sei es durch zu früh kommen, inadäquate Stimulation , führen zu einer sich selbst verstärkenden Spirale der Lustlosigkeit. Auch wenn der Partner „Gestört“ ist, reagieren viele Frauen darauf und nehmen die „Schuld“ auf sich. Ihnen ist die Beziehung wichtiger als die sexuelle Befriedigung.

Mangel an Nähe und Kontakt, nicht genügend Zeit füreinander, keine gemeinsame Aktivitäten, unzureichende Kommunikation über die eigenen Gefühle, Wünsche, Bedürfnisse , Erwartungen und Interessen sind besonders für Frauen ein Grund für das Nachlassen des sexuellen Verlangens. Auch die banale Dinge wie Vernachlässigung des Körpers oder mangelnde Körperpflege des Partners sind die Gründe für die Frauen lustlos zu werden.

Viele Frauen reagieren auf Unzufriedenheit mit dem Partner, Konflikte durch den Partner mit sexuelle Lustlosigkeit , ohne dass ihnen das bewusst wird. In der Sexualität werden oft auch Partnerschaftskonflikte und Machtkämpfe ausgetragen mit typischen Kollusionsmustern (Willi, 1975)

Sexuelle Lustlosigkeit kann eine Reaktion gegen Abhängigkeit und Unterwerfung sein. Das ist eine strategische Lustlosigkeit, sich dem Partner zu entziehen, als Verweigerungslustlosigkeit um über Sexualität Macht auszuüben- „ Ich verweigere mich um…zu erreichen“.

Die Sehnsucht nach dem Idealmann zeigt sich auch im Umgang mit den neuen Medien , Frauen finden aufmerksame, gefühlvolle, verständnisvolle und romantische Männer, wie sie zu Hause in der Realität nur sehr begrenzt zu Verfügung stehen. Der Mann sucht Befriedigung bei Pornos , die er herunterlädt. Da findet er Verfügbarkeit , Geilheit, Sexualität ohne viel drum herum und kann die Begierde auf ihm phantasieren. Die Selbstbefriedigung vermindert den Stress, eine gemeinsame Lösung mit dem Partner finden zu müssen.

Der „Teufelskreis“ der Lustlosigkeit

Fehlende Zeit füreiander | Flucht in Arbeit und Stress

Enttäuschung übereinander | Burnout der Beziehung

Fehlende Kommunikation | Fehlende Gegensteuerung

Fehlende  Steritkultur | Fehlendes Interesse aneinander

Die gesellschaftliche Lustdiktat erzeugt nicht Lust, sondern hohen sexuellen Leistungsdruck . Die  Lust muss optimiert werden, „schlechten“ Sex darf es nicht geben. Sex wird kommerzialisiert und banalisiert. Moderne Beziehungsideale bringen unrealistische Erwartungen mit sich: jedes Paar soll dauerhaft viel und geilen Sex haben. Heute gerät die Frau in Rechtfertigungsdruck wenn sie keinen regelmäßigen Sex hat. Bei dieser Argumentation wird Sexualität auf der Funktion und nicht auf der Beziehungsebene betrachtet. Die Bedeutung der Sexualität als Ausdruck von Nähe bleibt unberücksichtigt. Gleichzeitig nimmt  die Beziehungslosigkeit  zu.

Unbefriedigende und langweilige Sexualität, eigene Wünsche außer Acht lässt, führt langfristig zu immer weniger Lust. Oft stellen sich Paare auf den kleinsten gemeinsamen Nenner ein, der in der Verliebtheit passend war, in langjährigen Partnerschaft aber die eigene Bedürfnisse zu kurz kommen lässt. Bei sexuelle Lustlosigkeit wird Sex selten oder gar nicht initiiert, die sexuelle Fantasie ist gering oder fehlt ganz. Körperlicher Kontakt und Zärtlichkeit wird nicht gesucht. Die nichtsexuelle körperliche Berührungen werden vermieden aus Angst, der Partner erwarte mehr.

Wo kein Kuss- da kein Koitus.

Probleme in der Partnerschaft aufgrund Libidostörung sind die häufigsten Gründe für das Aufsuchen einer Sexualberatung/Therapie. Der Partner mit „normalen“ Libido fühlt sich zurückgewiesen und nicht wahrgenommen. Der Partner mit Libidostörung empfindet Drück, sieht sich als Versager und nicht genügend. Diese Wechselwirkung verstärkt die sexuelle Partnerschaftsproblematik. Differenzialdiagnostisch werden unterschieden:

  • Primäre Appetenzstörung – noch nie sexuelle Impulse
  • Sekundäre Appetenzstörung – jetzt, letztenMonaten, Jahren
  • Generalisierte Appetenzsörung – nie sexuelle Lust
  • Situativ – in bestimmten Situationen oder bei jetzigen Partner keine Lust ( „Sex ja, aber nicht so“)

Ein „Gefälligkeitsex“- Sex , nur dem Partner zuliebe, führt auch bei Anderen zu Frustration. Das Grundbedürfnis nach Nähe wird nicht erfüllt, sondern nur Lust und nicht die Beziehungsdimension der Sexualität.

Was versteht man unter verminderter sexueller Erregung?

Zu den Störungen der sexuellen Erregung gehören der Mangel an subjektiver Erregung oder an körperlich genitaler Reaktion auf sexuelle Stimulation, nichtgenitaler und/oder genitaler Art.

Die verminderte sexuelle Erregung kann in Untertypen unterteilt werden:

  • Subjektive sexuelle Erregungsstörung:
    • Durch die Frau empfundene fehlende oder reduzierte sexuelle Erregung bei allen Arten der Stimulation, obwohl Hinweise auf eine Stimulation der Geschlechtsorgane (erhöhte Feuchtigkeit in der Vagina, Schwellung der Schamlippen und der Klitoris) vorliegen.
  • Fehlende Reaktion der Geschlechtsorgane auf sexuelle Stimulation:
    • Die Frau erlebt während der sexuellen Stimulation keine Veränderungen der Geschlechtsorgane. Die Schamlippen schwellen nicht an, die Feuchtigkeit der Scheide nimmt nicht zu.
    • Jedoch wird subjektiv sexuelle Erregung empfunden.
  • Kombinierte Störung aus Reaktion der Geschlechtsorgane und subjektiver Erregung:
    • Subjektiv fehlende oder verminderte sexuelle Erregung bei allen Arten sexueller Stimulationen sowie eine fehlende oder mangelnde sexuelle Reaktion der Geschlechtsorgane.

Mangelndes sexuelles Verlangen ist das häufigste sexuelle Problem bei Frauen. Mangelnde Erregung wird bei 10–50 % der Fälle sexueller Störung als Ursache angegeben. Laut einer schwedischen Studie gaben 12 % der Frauen im Alter von 18 bis 74 Jahren mangelnde sexuelle Erregung an, und zwei Drittel empfanden das als ein Problem.

Was sind normale sexuelle Reaktionen?

Schwellungen von Klitoris, Schamlippen und Vagina treten bei Frauen innerhalb von Sekunden nach der erotischen Stimulation auf. Die Entspannung der Muskeln der Scheidenwand ermöglicht es der Scheide, sich auszudehnen und die erhöhte Blutzufuhr führt zu erhöhter Absonderung einer Flüssigkeit, die die Scheide feucht werden lässt. Die subjektiv empfundene Erregung hängt jedoch nicht unbedingt mit der Reaktion der Geschlechtsorgane zusammen.

Mehrere Hormone spielen Schlüsselrollen bei den sexuellen Reaktionen. Dies betrifft in erster Linie das weibliche Geschlechtshormon Östrogen, jedoch tatsächlich auch das männliche Sexualhormon Testosteron, das bei Frauen in kleine Mengen produziert wird. Es wurde jedoch festgestellt, dass Frauen nach der Menopause, bei denen die Östrogenmengen im Körper gering sind, auf die gleiche Weise mit Feuchtwerden der Scheide und Schwellung von Klitoris und Schamlippen reagieren wie zu den Zeiten hoher Östrogenspiegel während der fruchtbaren Jahre. Frauen nach den Wechseljahren benötigen jedoch oftmals etwas mehr Stimulation, bevor diese Reaktionen auftreten. Bei fast 40 % der Frauen nach den Wechseljahren sind die Schleimhäute der Scheide dünner und brüchiger (vaginale Atrophie), was die sexuelle Funktion beeinträchtigen kann.

Ursachen:

In einer US-Umfrage gaben 40 % der Frauen an, dass sie nie oder nur selten das Bedürfnis nach Sex verspürten, aber nur 13 % der Frauen waren mit ihrer Sexualität unzufrieden. Sexuelle Gedanken und Träume kommen bei vielen Frauen selten vor, ohne dass sie deswegen offensichtlich sexuell unzufrieden sind. Somit ist die Korrelation zwischen der Häufigkeit der sexuellen Fantasien oder Gedanken und dem Grad erzielter sexueller Befriedigung bei Frauen schwach ausgeprägt. Sexuelle Erregung scheint auf dem Zusammenspiel vieler Neurotransmitter, Geschlechtshormone und Umweltfaktoren zu beruhen.

Mehrere Faktoren sind mit verminderter sexueller Erregung verbunden. Es kann sich um Ablenkungen, Erwartungen einer negativen Erfahrung, sexuelle Ängste, Müdigkeit und Depressionen handeln. Auch Frauen, die Medikamente wie Antidepressiva (SSRI) oder die Antibabypille einnehmen, berichten über geringeres sexuelles Verlangen und Erregung. Eine Vielzahl von anderen Faktoren spielen ebenfalls eine Rolle, wie stabile psychische Gesundheit, gute emotionale Ausgeglichenheit, ein gutes Selbstbild, gute frühere sexuelle Erfahrungen, positive Gefühle gegenüber dem Partner und positive Erwartungen von der Beziehung.

Auch Probleme des Partners spielen eine Rolle, wie sexuelle Dysfunktion des Partners, Steigerung des wahrgenommenen Stresses, Probleme mit der Empfängnis und langfristige Beziehungen. Erkrankungen wie Multiple Sklerose, Nierenversagen und vorzeitige Menopause zum Beispiel durch Chemotherapie werden ebenfalls mit einem höheren Auftreten sexueller Probleme verbunden.

Definition

Bei der „reinen Form“ der Orgasmusstörung erlebt die Frau Lust auf Sexualität, genießt genitale Aktivität und entwickelt ausgeprägte sexuelle Erregung. Die Erregungssteigerung reicht jedoch nicht aus, um die individuell unterschiedliche Orgasmusschwelle zu überwinden. Die Erregung stagniert. Die internationale Klassifikation gibt folgende Definition einer Orgasmusstörung vor:

Er wird definiert als „anhaltende oder wiederkehrende Verzögerung oder Fehlen des Orgasmus bei der Frau nach einer normalen sexuellen Erregungsphase, wobei die sexuelle Aktivität hinsichtlich Zielrichtung, Intensität und Dauer als ausreichend beurteilt wird.“
„Wenn Frauen einen Orgasmus ausschließlich bei der Berührung der Klitoris und nicht bei einem Intimverkehr ohne Berührung der Klitoris erleben, ist die Fähigkeit zum Orgasmus nicht gestört, auch wenn der Orgasmus zeitweise beim Intimverkehr ausbleibt. Dies wird als eine normale Variation der weiblichen Sexualreaktion angesehen. Eine psychische Orgasmushemmung sollte erst nach einer gründlichen sexuellen Abklärung diagnostiziert werden.“

Die meisten weiblichen Orgasmusstörungen treten eher lebenslang als erworben auf, da die Orgasmusfähigkeit, wenn sie einmal erlernt wurde, nicht wieder verschwindet, es sei denn, dass die Beziehungskonflikte oder körperliche bzw. psychische Erkrankungen auftreten.

Häufigkeit

Laut einer amerikanischen Repräsentativstudie von E.O. Laumann et al. (1994) erleben 20 Prozent der Frauen manchmal oder selten und vier Prozent der Frauen nie einen Orgasmus. Dennoch besteht laut dieser Umfrage kein eindeutiger Zusammenhang zwischen der Orgasmusfrequenz und einem erfüllten Sexualleben. In einer neueren Studie von J. Bancroft et al. (2003) konnte nachgewiesen werden, dass 30 bis 50 Prozent der Frauen, die Orgasmusschwierigkeiten hatten, mit ihrer sexuellen Beziehung und 30 bis 40 Prozent mit ihrer eigenen Sexualität unzufrieden waren. Allgemein steigt die Orgasmusfähigkeit aufgrund der sexuellen Erfahrung mit dem Alter der Frauen an, so dass Störungen des Orgasmus häufiger bei jüngeren als bei älteren Frauen beobachtet werden.

Diagnose

Die Diagnose wird in einer genauen Sexualanamnese von der/dem sexualmedizinisch geschulten Ärztin/Arzt gestellt. Wichtig dabei ist:

1) die Abklärung, ob es sich um eine primäre oder sekundäre Orgasmusstörung handelt

  • Seit wann bestehen Ihre Orgasmusschwierigkeiten? primäre Orgasmusstörung (seit dem ersten sexuellen Kontakt), sekundäre Orgasmusstörung (nach einer problemlosen Phase, seit einem bestimmten Ereignis oder einer bestimmten Partnerschaft)
  • Erleben Sie bei der Selbstbefriedigung einen Orgasmus?

2) die Abklärung, ob eine globale oder situative Orgasmusstörung vorliegt

  • In welchen sexuellen Situationen treten die Orgasmusstörungen auf? Globale Orgasmusstörung: bei jeder Form der Sexualität Situative Orgasmusstörung: nur bei gegenseitiger manueller Stimulation oder nur beim Intimverkehr, bei partnerschaftlichen Problemen.

Es gibt viele verschiedene Ursachen für die Entstehung von Orgasmusstörungen.

  • Organischen Faktoren: chron. Erkrankungen, Schmerzen, Medikamenteneinnahme
  • bedeutsame psychische Faktoren sind Ängste und Schuldgefühle, eine negative Bewertung der eigenen Sexualität sowie auch Informationsmangel und sexuelle Traumata
  • partnerschaftlichen Faktoren Kommunikationsdefizite, Paarkonflikte und mangelnde Attraktivität des Mannes in Frage.

Vaginismus bedeutet die unwillkürliche Verkrampfung der Beckenbodenmuskulatur, die die Vagina umgibt (ICD 10). Durch die Scheidenöffnung kann der Penis nicht eindringen bzw. es ist dies nur unter Schmerzen möglich. Die Beckenbodenmuskulatur und das äußere Drittel der Scheide verkrampft reflexartig und unwillkürlich. Auch ein Tampon oder der eigene Finger können unter Umständen nicht eingeführt werden. Bestimmte gynäkologische Untersuchungen sind möglicherweise ebenfalls nicht vollständig durchführbar. Ein Vaginismus kann schon immer bestehen, aber auch auftreten, nachdem bereits in der Vergangenheit Geschlechtsverkehr möglich war.

Welche Ursachen hat ein Vaginismus?

Können organische Ursachen für das Beschwerdebild ausgeschlossen werden (z.B. Infektion/Entzündung, auch z.B. bei  Endometriose kann es zu krampfartigen Schmerzen kommen), müssen andere Aspekte in Betracht gezogen werden. Abgesehen von organischen Ursachen, können Gründe für Vaginismus u.a. falsche Vorstellungen von der Größe und Dehnbarkeit der Scheide, aber auch der Größe des Penis sein (z.B. die Annahme, dass die Scheide zu eng für den Penis des Partners ist). Auch Ängste vor Schmerzen bzw. Verletzungen beim Geschlechtsverkehr oder traumatische Erlebnisse (z.B. Missbrauch) spielen eine Rolle. Außerdem kann ein Vaginismus im Zusammenhang mit der Ablehnung von Sexualität im Allgemeinen oder des Partners im Speziellen sowie mit Problemen in der Partnerschaft stehen. Nicht immer wird Sexualität gänzlich abgelehnt. Daher können betroffene Frauen – bis auf das Eindringen des Penis – durchaus sexuelle Erfahrungen machen.

Hauptsymptom: Schmerzen beim Einführen

Bei Vaginismus kommt es während des Einführens oder bei Einführungsversuchen zu Schmerzen und mitunter auch zu einem Gefühl der Verkrampfung der Beckenbodenmuskulatur.

Der Beckenboden ist ein Muskelgeflecht, das den Bauch – und Beckenorganen Halt gibt. Es erstreckt sich vorne vom Schambein bis nach hinten zum Steißbein. Seitlich sitzt der Beckenboden an den beiden Sitzbeinhöckern. Der Beckenboden verschließt – wie der Ausdruck Boden schon verrät – den Bauchraum. Es gibt allerdings Öffnungen für den Enddarm, die Harnröhre und die Scheide, die durch das Muskelgeflecht hindurchführen. Die Beckenbodenmuskulatur willentlich an- und entspannen zu können, ist ein wesentlicher Teil der Therapie der GPSPS.

Die Schmerzen bei Vaginismus werden als brennend, pochend, stechend oder schneidend beschrieben. Häufig geht Vaginismus daher auch mit Angst vor dem vaginalen Einführen und Schmerzen einher. Das kann nicht nur die Sexualität beeinträchtigen, sondern auch gynäkologische Untersuchungen können dadurch zu einer Belastung werden. Nicht selten führt vor allem die Angst dazu, dass sexuelle Situationen vermieden werden. Das kann dann nicht nur die eigene Sexualität belasten, sondern auch das Sexualleben mit dem Partner oder der Partnerin. Neben der Angst können auch weitere unangenehme Gefühle wie Frustration und Ärger darüber aufkommen, dass es trotz Bemühungen und mehrfachen Versuchen nicht klappt, Geschlechtsverkehr zu haben.

Die Symptome sind von Frau zu Frau verschieden!

Die Ausprägung und Entwicklung von Vaginismus kann sich von Frau zu Frau unterscheiden. Manchen Frauen war Geschlechtsverkehr noch nie möglich oder nur unter Schmerzen und Beeinträchtigungen. Bei anderen sind die Symptome erst im Laufe der Zeit entstanden. Diese Unterschiede müssen jedoch keine Auswirkungen auf den Behandlungsverlauf haben. Auch die weiteren psychischen Auswirkungen von Vaginismus sind unterschiedlich. Es kann zu Partnerschaftsproblemen kommen, ein unerfüllter Kinderwunsch kann zu erheblicher Frustration führen. Auch Angst, Scham und Schuld sind unangenehme Gefühle, die mit Vaginismus einhergehen können.

Was sind die Ursachen von Vaginismus?

Die meisten Frauen trifft Vaginismus völlig unerwartet. Es wirkt beinahe wie ein Zufallsereignis. Doch alles hat eine Ursache, auch wenn dir diese oft nicht unmittelbar bewusst ist. Häufig ist es kein einzelnes Ereignis, sondern ein Geflecht unterschiedlicher Erfahrungen, die zu der Entwicklung von Vaginismus beitragen. Sexuelle Reaktionen sind nicht nur rein körperliche, sondern auch psychologische Prozesse.

Die häufigsten Ursachen:

  • Erfahrungen in der Kindheit: Eine Erziehung, in der Sexualität tabuisiert oder nicht angemessen bzw. kindgerecht vermittelt wird, aber auch eine streng religiöse Erziehung kann zu einer negativen Einstellung gegenüber Sexualität beitragen. Meist sind starke Schuld- und Schamgefühle die Folge, wenn zum Beispiel sexuelles Verlangen erlebt wird.Schwerwiegende Kindheitserfahrungen, wie sexueller Missbrauch führen besonders häufig zu Problemen mit Sexualität und Intimität.
  • Leistungsdruck und übersteigerte Erwartungen:Das soziale Umfeld, zum Beispiel die Erzählungen von Freundinnen, aber auch Pornographie können eine unrealistische Vorstellung von Sex und Sexualität vermitteln. Dadurch kann es zu Leistungsdruck und bestimmten Erwartungen kommen, wie Sex „ablaufen” muss und es entstehen Hemmungen eigene Vorlieben zu entwickeln und auszuleben.
  • Angst vor Schwangerschaft und Geschlechtskrankheiten:Frauen werden heutzutage oft schon in jungen Jahren mit dem Thema Sexualität konfrontiert, obwohl sie noch wenig über Sexualität und Verhütung wissen. Druck seitens der Eltern, ungewollte Schwangerschaften im Freundes- und Familienkreis sowie Berichte aus den Medien können Ängste auslösen oder verstärken. So kann die Tendenz entstehen, sich unbewusst körperlich zu verschließen.
  • Negatives Körperbild & geringer Selbstwert: Social Media, Fernsehen, Magazine – Frauen werden (unter anderem durch Photoshop) häufig anders dargestellt, als sie in der Wirklichkeit aussehen. Wenn man das Spiel der Medien nicht durchschaut, kann es dazu kommen, dass Frauen ein negatives Körperbild entwickeln, weil sie den gesellschaftlichen Erwartungen vermeintlich nicht entsprechen. Die Selbstwahrnehmung wird verzerrt, es entstehen Selbstzweifel. Vielen Frauen fällt es dann gerade beim Sex schwer, den eigenen Körper zu akzeptieren, sich dem Partner oder der Partnerin zu zeigen und sich beim Sex zu entspannen.
  • Angst, die Kontrolle abzugeben und Stress: Viele Frauen müssen zum Beispiel Berufs- und Privatleben unter einen Hut bekommen, was häufig viel Organisation und Kontrolle benötigt. Stress ist beinahe vorprogrammiert. Sich dann entspannen und loslassen zu können, fällt bei Stress besonders schwer. Auch die Angst vor Schmerzen und negative Erwartungen können dazu führen, dass man in sexuellen Situationen schwer loslassen und die Kontrolle abgeben kann.
  • Ekel: Manche Frauen empfinden eine Abneigung oder Ekel gegenüber den eigenen Genitalien und Körperflüssigkeiten oder denen ihres Partners oder ihrer Partnerin. Solche Empfindungen können sehr stark sein und dazu führen, dass man sich in intimen Situationen unwohl fühlt, obwohl man sich die Nähe seines Partners oder seiner Partnerin eigentlich wünscht.
  • Angst vor Schmerzen & schmerzhafte Erfahrungen: Schmerzhafte sexuelle Erfahrungen, gynäkologische Untersuchungen oder Schmerzen beim Einführen eines Tampons können dazu geführt haben, dass Geschlechtsverkehr nicht als positiv wahrgenommen werden kann. Schmerz kann also die Ursache von Vaginismus sein, wird dann ein Symptom und daraus entsteht eine Art Teufelskreis. Auch negative oder sehr hohe Erwartungen hinsichtlich des „ersten Mals“ können zu einer enormen Anspannung führen. Die unterschiedliche Schmerzempfindung und die Bewertung von Schmerz spielen ebenfalls eine Rolle. Es gibt Menschen, die Schmerz mit Lust und Erregung zusammenbringen, andere möchten jegliche Art von Schmerz vermeiden.
  • Partnerschaftliche Probleme: Mangelnde Kommunikation, zu wenig gemeinsame Zeit oder geringes Vertrauen in der Partnerschaft können dazu führen, dass sich Frauen beim Sex nicht richtig entspannen können oder sich unwohl fühlen. Ist die partnerschaftliche Basis gestört, fällt es schwer, sich beim Sex dem Partner oder der Partnerin im wahrsten Sinne zu öffnen.

Vermeidung von Geschlechtsverkehr

Die sicherste Methode, um keine Schmerzen beim Sex zu erleben, ist keinen Sex zu haben. Diese Form der Kontrolle wird in der Psychologie als Vermeidungsverhalten bezeichnet. Auch bei anderen psychischen Erkrankungen gibt es dieses Muster. Hat jemand zum Beispiel Angst vor Menschenmengen, vermeidet er vermutlich Veranstaltungen, bei denen er mit seinen Ängsten konfrontiert werden könnten. Es ist nur allzu verständlich, keine Ängste oder Schmerzen erleiden zu wollen. Das Problem beim Vermeidungsverhalten ist allerdings, dass dadurch auch vermieden wird, andere, positive Erfahrungen zu machen. Zudem hat Vermeidungsverhalten den Nachteil, dass es zur sogenannten Generalisierung kommen kann. Generalisierung bedeutet eine Verallgemeinerung der Ängste. So wird zum Beispiel nicht  nur Geschlechtsverkehr, sondern auch der Besuch beim Gynäkologen aus Angst vor Schmerzen vermieden. Dadurch kann es wiederum zu gesundheitlichen Problemen kommen.

Die Genito-Pelvine Schmerz-Penetrationsstörung

Bei der Genito-Pelvinen Schmerz-Penetrationsstörung (GPSPS) handelt es sich – wie der Name schon verrät – um anhaltende oder wiederkehrende Schwierigkeiten während der Penetration. „Genito” steht hierbei für das weibliche Genital, das Fortpflanzungsorgan, und „Pelvis” ist der Fachbegriff für das knöcherne Becken. Das Einführen des Penis, Dildos, Fingers oder Tampons in die Scheide, obwohl der ausdrückliche Wunsch da ist, ist bei der GPSPS problematisch bis unmöglich. Die GPSPS ist eine Zusammenführung zwei verschiedener Diagnosen im Bereich der weiblichen sexuellen Funktionsstörungen. Sie umfasst die bekannteren Begriffe Vaginismus („Scheidenkrampf“) und Dyspareunie (Schmerzen beim Sex bzw. während des Einführens). Sehen wir uns die unterschiedlichen Formen, Ursachen, Symptome und Behandlungsmöglichkeiten der GPSPS genauer an.

Vaginismus, Dyspareunie oder GPSPS?

Auf den ersten Blick kann es ganz schön verwirrend sein, dass es so viele unterschiedliche Diagnosen gibt. Vor einiger Zeit sprach man von Vaginismus, wenn es um einen Scheidenkrampf, das heißt um die Verkrampfung der die Vagina umgebende Beckenbodenmuskulatur, beim Geschlechtsverkehr ging. Dyspareunie nannte man es, wenn (krampflose) Schmerzen beim Sex auftraten. Da sich diese beiden Störungen jedoch nicht zuverlässig unterscheiden lassen – es konnte zum Beispiel nicht wissenschaftlich nachgewiesen werden, dass bei Vaginismus rein körperlich ein Scheidenkrampf vorliegt – wurden diese beiden Störungsbilder zusammengefasst. Weiterhin lassen sich das Gefühl einer Verkrampfung und Schmerzen nicht klar trennen und treten häufig gemeinsam auf. Bei der Bezeichnung Genito-Pelvine Schmerz-Penetrationsstörung liegt also der Fokus auf den gemeinsamen Nennern des Einführens und des Schmerzes. Da die Bezeichnung Vaginismus vielen Menschen geläufiger ist, werden wir im weiteren Artikel von Vaginismus statt GPSPS sprechen.

Ist die Rede von Sex, wird oft zuerst an Entspannung gedacht. An einen wunderschönen Weg, um abzuschalten und sich fallen lassen zu können. Doch für manche Frauen ist er das komplette Gegenteil: schmerzhaft und belastend. Im Fachjargon wird dies Dyspareunie genannt. Wenn dir das bekannt vorkommt, solltest du dich jedoch nicht allein fühlen: britische Forscher:innen haben herausgefunden, dass fast jede zehnte Frau unter Schmerzen während des Geschlechtsverkehrs leidet. Ein Viertel davon sogar immer oder sehr oft.

Der Begriff „Dyspareunie“ stammt aus dem Griechischen und lässt sich von den Worten „dys“ für „Fehl-“ und von „pareunos“ für „Begattung“ ableiten. In der Medizin wird er als sexuelle Funktionsstörung betrachtet, die mit Schmerzen jeglicher Form beim Geschlechtsverkehr einhergeht. Interessanterweise kann das nicht nur uns Frauen, sondern auch Männer betreffen. Das Verspüren der Schmerzen kann von Frau zu Frau unterschiedlich sein. Die einen empfinden ein Brennen, Stechen oder Ziehen, während die anderen von einem diffus drückenden oder krampfartigen Schmerz berichten. Auch von Juckreiz kann die Rede sein. Manche verspüren nur einen äußerlichen Schmerz, der den Scheideneingang und das äußere Genital betrifft – anderen wiederrum tut vor allem die sehr tiefe Penetration weh.

Auch der Schmerzzeitpunkt kann sehr verschieden sein. So kann einerseits der gesamte Geschlechtsverkehr schmerzhaft sein oder andererseits nur bestimmte Momente ein unangenehmes Gefühl herbeiführen. Zum Beispiel nur das Eindringen in die Scheide oder erst der Orgasmus an sich. Worin sich jedoch alle Erscheinungsarten der Dyspareunie ähneln: Der Leidensdruck, der damit einhergeht. In den meisten Fällen bleibt dadurch der Orgasmus für uns Frauen aus. Das Schöne am Sex geht verloren und die Angst vor dem Schmerz wird größer.

Die  Ursachen für Dyspareunie sind vielseitig:

  • Organische Ursachen wie Infektionen und Geschlechtskrankheiten
  • Scheidentrockenheit
  • Endometriose

Neben den aufgeführten körperlichen Ursachen spielen bei der Dyspareunie häufig vor allem psychische Aspekte eine Rolle.

Der Schlüssel zum Glück ist und bleibt das eigene Wohlbefinden beim Sex. Ist das nicht gegeben, wird die Lust bei uns Frauen immer kleiner, der Sex unangenehm und zuletzt vielleicht sogar schmerzhaft. Unterschiedlichste Auslöser können dem Traum von erholsamem Sex im Wege stehen:

  • Zu hohe oder falsche Erwartungen an die Lust (durch uns selbst, aber auch durch unsere Partner:in)
  • Negative Gedanken, Selbstzweifel
  • Gefühle der Scham und des Unwohlseins
  • Verschiedene Ängste (z.B. Angst vor einer ungewollten Schwangerschaft oder Angst davor, nicht zu kommen)
  • Konflikte mit dem/der PartnerIn
  • Unterschiedliche, auseinandergehende sexuelle Vorlieben zwischen Partner:in und einem selbst

Ebenso kann Stress im Alltag das Stresslevel weiter steigern, wodurch unbewusst Unterleib und Genitalregion angespannt werden und verkrampfen. Die sexuelle Lust erreicht ihren Tiefpunkt. Und die Stresshormone schnellen durch diesen innerlichen Konflikt weiter in die Höhe. Ein Teufelskreis entsteht.  Aber auch traumatische Erfahrungen und Ereignisse in der Vergangenheit oder psychische Erkrankungen können dazu beitragen, ein Schmerzgedächtnis aufzubauen. Über einen sogenannten „negativen Lerneffekt“ werden unsere Schmerzrezeptoren sensibler und reagieren auch auf den kleinsten Reiz mit einer Schmerzantwort. Die Schmerzschwelle verlagert sich nach unten. Und so können manche Frauen schon Schmerzen bei der kleinsten Berührung empfinden.